Konflikte in Zeiten von COVID-19

„Im Konflikt ist jeder Beteiligte eine Ursache“ – Peter Gruber

Es war ein normaler Montag. Ein Meeting nach dem anderem, unzählige Mails, keine Zeit für eine Pause. Dann kam die Nachricht eines Kollegen, ob ich ein paar Minuten Zeit hätte, um über den einen Kunden zu sprechen. Eine normale Chatnachricht, dennoch ließ sie mich innehalten und nicht direkt, nein heute nicht schreiben. Abends hatte ich dann Zeit mit meinem Kollegen zu sprechen. „Was sollten wir bei dem Kunden direkt initiieren? Warum siehst du da jetzt plötzlich ein Problem?“ 20 Minuten später hatte ich es verstanden. Ich hatte an die Situation gar nicht mehr gedacht. Klar an dem Tag machte mich die Situation kurz nachdenklich, dadurch, das so viel zu tun war, habe ich diese allerdings schnell vergessen und keinen Gedanken mehr daran verschwendet. Was für eine Wertung, verschwendet. Nur weil anderes dringlicher war, sage ich verschwendet. Habe ich überhaupt das Recht so wertend über einen Moment zu sprechen, der anscheinend für meine Mitarbeiterin so gravierend war? Anscheinend, noch so eine Wertung. Ich war es an dem Tag leid, nicht nur an dem Tag. Wieder und wieder die gleichen Diskussionen, die anderen Abteilungen arbeiten nicht gut, machen was sie wollen, fordern ohne auf die Ressourcen der anderen Abteilungen zu achten. Einmischung in alles, jeder weiß alles besser.

Unsere Kritik dreht sich darum, andere Menschen dafür zu beschuldigen, nicht die Qualitäten zu haben, von denen wir denken, dass wir sie haben. Jules Renard

Aus psychologischer Sicht gibt es diverse Gründe, andere Personen abzuwerten, dazu zählen: 

  • Minderwertigkeitsgefühl
  • Mangelnde Selbstsicherheit
  • Neid
  • Antipathie
  • Fehlende Empathie
  • Gruppendruck

Ist es so weit gekommen, dass es notwendig ist, andere abzuwerten, um sich selbst aufzuwerten? Warum macht nicht jeder das, wofür er eingestellt wurde? Aber ist das noch zeitgemäß? Eine festgeschriebene Rolle? Ist das new normal nicht so, dass alle bei allem mitsprechen können, und auch sollen und so lange diskutiert wird, bis alle mit dem Ergebnis einverstanden sind? Klar so können Lösungen gefunden werden, auf die eine Einzelne, ein Einzelner nie gekommen wäre. Bei heterogenen Belegschaften werden Unternehmen gegebenen Falls sehr lange diskutieren.

Die Aufgabenflut wächst von Minute zu Minute, der Output sinkt. 

Alle Grundformen von Konflikten nehmen Einzug 

Konflikte poppen aus allen Ecken auf, Sachverhaltskonflikte, weil Paul anders über die Sache denkt als Sofi, Beiziehungskonflikte, weil Frust und auch Angst durch COVID-19 an der Tagesordnung sind und durch die virtuelle Zusammenarbeit Vertrauen von Tag zu Tag nachlässt. Wertekonflikte durch die extrem heterogene Belegschaft, was durch Homeoffice und den enormen Digitalisierungsschub im Unternehmen noch offensichtlicher wird. Strukturkonflikte, die durch die unterschiedliche Fokussierung beispielsweise von Sales und anderen Abteilungen an der Tagesordnung stehen. 

Die Konfliktparteien

Anfangs war es mehr zwischen den Kollegen, mittlerweile sind alle Formen vertreten: Konflikte können zwischen 

  • zwei Kollegen,
  • einer Führungskraft und einem Mitarbeiter,
  • mehreren Kollegen,
  • einer Führungskraft und einem Team,
  • zwei Teams,
  • zwei Führungskräften,
  • mehreren Teams,
  • mehreren Führungskräften,
  • einer Person, einem Team, einer Abteilung oder einem Unternehmen mit dem Kunden,
  • zwei oder mehreren Unternehmen oder
  • innerhalb eines Teams existieren.

Die Welt braucht mehr Konflikte

Und auch wenn Konflikte belastend für alle beteiligten sind, und die Effektivität und Effizienz leidet, postuliert Fischer; „Die Welt braucht nicht weniger Konflikt, sondern mehr“ (Fischer, 2018, S. 15). Er begründet die Aussage damit, dass kreative Lösungen durch das Ausmachen diverser Standpunkte entstehen können und die Herausforderung im Umgang mit den Kontroversen besteht. 

Die Qualität leidet und nicht nur die

Gleichzeitig haben „Konflikte (…) einen Einfluss auf die Qualität sozialer Systeme“ was den Grad der Zufriedenheit, den Gestaltungsspielraum, das emotionale Klima wie auch die Bedürfnislage der unterschiedlichen Parteien im sozialen System betrifft (Reinhardt, 2015, S. 23). Porksch erklärt, dass ungelöste oder eskalierte Konflikte sich auf mehrere Bereiche auswirken (Porksch, 2014, S. 10). Stress und Belastung der Mitarbeiter führt zu „Produktivitätsverlusten von bis zu 30%“ (Porksch, 2014, S. 10). Die Zersplitterung von Teams kann in manchen Fällen sogar zu „Unterschlagung, Diebstahl bis hin zu Vandalismus und feindseligem Verhalten“ (Porksch, 2014, S. 11) führen, was nicht nur zu psychischen, sondern auch Personen- und materiellen Sachschäden führen kann. Einher geht ein großer Zeitverlust durch die Kommunikation über den Konflikt, da Schuldige und Verbündete gesucht werden. Letztlich führen langanhaltende Konflikte zur Fluktuation und der Erhöhung von Krankheitsständen. „Bei bis zu 90% der Kündigungen durch Arbeitgeber sowie bei mindestens 50% der Kündigungen durch Arbeitnehmer werden chronisch ungelöste Konflikte als Ursache genannt. Sowohl Kündigung gleichermaßen Rekrutierung und Einschulung neuer Mitarbeiterinnen sind mit hohen Kosten verbunden“ (Porksch, 2014, S. 11). In einer Studie wurde festgestellt, dass Konflikte sich positiv auf bestimmte Aufgabenstellungen und die Leistung innerhalb eines Teams auswirken kann, wobei Konflikte einen negativen Impact auf die Teamleistung insgesamt haben (Gallenkamp et al., 2010, S. 294). Werden Konflikte nicht offen ausgetragen kommt es zu Symptomen. Porksch beschreibt folgende Charakteristika, die „oft nicht eindeutig erkennbar [sind] und (…) von den Betroffenen meist negiert“ (Porksch, 2014, S. 14) werden:

  • Widerstand, Ablehnung
  • Rückzug, Desinteresse
  • Feindseligkeit, Gereiztheit, Aggressivität
  • Intrigen, Gerüchte
  • Sturheit, Uneinsichtigkeit
  • Formalität, Überkonformität
  • Körperliche Symptome, Krankheit

Umgang mit Konflikten

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, in Unternehmen mit dem Thema Konflikten umzugehen wie beispielsweise:

  • Konfliktprävention
  • Maßnahmen zur Konfliktvermeidung
  • Konfliktbewältigung
  • Installation eines Konfliktmanagements
  • Aufbau einer Konfliktkultur

Welche der Maßnahmen für welches Unternehmen die sinnvollsten sind lässt sich nur durch eine ausführliche Analyse der existierenden Konfliktarten und dem Umgang mit diesen ermitteln. 

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Literatur

Fisher, R., (2018). Das Harvard-Konzept: Die unschlagbare Methode für beste Verhandlungsergebnisse – Erweitert und neu übersetzt (German Edition). Deutsche Verlags-Anstalt. Kindle-Version.

Proksch, S., (2014). Konfliktmanagement im Unternehmen. Mediation und andere Methoden für Konflikt- und Kooperationsmanagement am Arbeitsplatz. 2. Auflage. Springer Gabler.

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