New Work = Stress? Hier erfährst du etwas zu Stress und Selbstführung [mit Infografik zum download]

New Work = Stress = Möglichkeit zum persönlichen Wachstum?

Erfahre in diesem Artikel, wie Stress durch Selbstführung reduziert werden, und gleichzeitig positiven Impact auf deine Persönlichkeit nehmen kann. Die Infografik die du am Ende des Artikels frei runterladen kannst, beinhaltet alles, was du für die ersten Schritte bei der Umsetzung der Selbstführung brauchst. 

New Work bezeichnet die Entwicklung der Berufswelt weg von alten Strukturen hin zu modernen Arbeitsweisen, die die Werte Selbständigkeit, Freiheit und Teilhabe an der Gemeinschaft unterstützen. Der vom Sozialphilosoph Frithjof Bergmann geprägte Begriff New Work wird heute häufig als Synonym für innovative Ansätze betrachtet. 

Voraussetzung 24/7“. Tabeas Freunde konnten das nicht nachvollziehen. „Wieso nimmst du die Aufgaben noch an?“ Diese Woche war es ganz schlimm, Tabea hatte nicht nur an allen 5 Tagen 8 Stunden online Meetings, sondern teilweise sogar 10 Stunden am Stück. An eine Pause war gar nicht zu denken. An zwei Tagen in dieser Woche hatte Tabea sogar zwei Meetings parallel, sie würde dann zwischendurch wechseln müssen. Das größte Problem dabei war, das weder davor noch danach Zeit war, um die Meetings vor- und nachzubereiten. Also wurden die Meetings teilweise in andere Meetings vor- und nachbereitet, entsprechend schlecht war die Vorbereitung natürlich. Immer häufiger kam es zu Fehlern, oder dass Tabea in den Meetings die Fragen ihrer Kollegen nicht beantworten konnte. Sie konnte es an den Blicken sehen, Enttäuschung und Urteile darüber, dass sie stark nachgelassen hatte. Abends und am Wochenende standen noch diverse Aufgaben an, wie beispielsweise die Beantwortung der über tag eingetroffenen Mails und Chat-Nachrichten über diverse Kanäle. Das Lied von Tim Bendzko 

„…Muss nur noch kurz die Welt retten

Danach flieg‘ ich zu dir

Noch 148 Mails checken…“

war für sie geschrieben worden. Tabea fühlte sich, von Tag zu Tag mehr als wäre sie Protagonist in dem Roman von Dave Eggers „The Circle“. Seit der Corona-Pandemie und damit einhergehendem Homeoffice Regelung, wurde es von Tag zu Tag schlimmer. Vor Ort war es wenigstens so gewesen, dass Raumwechsel anstanden, durch die virtuellen Meetings ist es nur noch ein Klick ins nächste Meeting. Dadurch gibt es auch kein Smalltalk mehr, weder davor oder danach. Aber wem sagen?

Abends war sie zu müde für alles, aß noch irgendwas und ging ins Bett. Nachts wachte Tabea oft auf, weil ihr etwas einfiel, was sie über Tag vergessen hatte und die Grübelei startete. TODO Listen hatte Tabea schon lange nicht mehr. Sie hatte gar nicht mehr die Zeit die neuen TODOs, in die Liste einzutragen, geschweige denn diese abzuarbeiten. Also machte Tabea das, was ihr im Kopf geblieben war oder reagierte ad hoc, wenn mal wieder ein Kollege laut schreite, dass er oder sie auf etwas von ihr wartete. Noch vor einem Jahr hätte Tabea niemals gedacht, dass sie mal so unzuverlässig werden würde. Ja auch lässt ihre Arbeitsqualität von Tag zu Tag mehr nach. Zeit für Perfektion war schon lange nicht mehr. Montag hatte Tabea sogar den Geburtstag ihrer Mitarbeiterin vergessen. Natürlich weiß sie, dass das nicht geht, früher hatten sie Geburtstage noch im Unternehmen gefeiert. Alle hatten zusammen Kuchen oder Eis gegessen und über alles Mögliche gequatscht. Das Aufstehen fällt ihr immer schwerer, Tabea weiß, ab dem Moment, wenn sie ihr Handy anstellt, kommen die Nachrichten rein und wollen beantwortet werden. Tabea liebt ihren Job, aber so konnte sie nicht weiter machen.

Aber was war denn eigentlich das Problem? Waren es wirklich die zu vielen Aufgaben? Die online Meetings? Tabea konnte sich an Zeiten erinnern, in denen sie noch mehr Aufgaben hatte und dennoch hatte sie sich gut gefühlt. Sie war in den Zeiten hoch effektiv und effizient gewesen, keine Rede von Müdigkeit geschweige denn Erschöpfung. 

Ihr Ziel war es wieder die Energie, Leichtigkeit und Freude bei der Arbeit zu finden, da sie davon ausging, das unabhängig vom Homeoffice, sich der Stress erstmal nicht reduziert. 

Stressdefinitionen

Im Lexikon der Psychologie wird Stress als „Stress (…) eine subj. unangenehm empfundene Situation, von der eine Person neg. beeinflusst wird (Distress), i. Ggs. zum anregenden pos. S. (Eustress)“ definiert (Wirtz, M., 2019). 

Es war wie ein Kick, noch eine Nachricht, noch eine Mail, noch eine Aufgabe, noch ein Meeting. Tabea wusste nicht, wann aus dem Rausch die Schwere entstanden war. 

Selye definiert Stress als einen „Zustand der Alarmbereitschaft des Organismus, der sich auf eine erhöhte Leistungsbereitschaft einstellt“ (Selye, 1936). Lazarus und Folkman definieren Stress als „eine Beziehung mit der Umwelt, die vom Individuum im Hinblick auf sein Wohlergehen als bedeutsam erlebt wird, aber zugleich Anforderungen an das Individuum stellt, die dessen Bewältigungsmöglichkeiten beanspruchen oder überfordern“ (Lazarus & Folkman, 1986, zitiert nach Kohlmann et al. 2021, S. 63). 

Klar musste sie leistungsbereit sein und natürlich war ihre Arbeit bedeutsam. Was aber war konkret die Überforderung? Oder war die Frage, wann die Arbeit durch was, zur Überforderung geworden war?

Tolle postuliert die Verursachung von Stress durch eine Inkonsistenz zwischen dem, was ist und dem, was gewollt ist, so entsteht Stress, „wenn du hier bist, aber dort sein willst, wenn du in der Gegenwart bist, aber in der Zukunft sein willst“ (Tolle, 2004). 

Tabea verdrehte die Augen, nach der Definition hätte sie, seit sie denken kann Stress. 

Auch Sprenger definiert Stress als Inkonsistenz: „Stress gibt es nur, wenn Sie Ja sagen und Nein meinen“ (Sprenger, 2016). 

Aber warum nein sagen, Tabea machte das alles so gern, sie liebte die Anfragen, die an sie gerichtet wurden. 

Nun kannte sie die üblichen Stressdefinitionen. Interessant ja, aber nicht wirklich hilfreich. Das Thema an sich interessierte sie, also suchte Tabea weiter nach Stresstheorien. 

Stresstheorien

„Die Stresstheorie befasst sich mit physiologischen, psychologischen und soziologischen Auswirkungen von Stress und Entspannung“ dabei wird der „Zusammenhang zwischen Stressoren und Stressreaktion“ dargestellt (Rusch, 2019, S. 11). Stressoren sind die Stressauslöser und können „zwischen inhaltlichen Aspekten (z.B. Intensität; Häufigkeit; zeitliche Erstreckung wie akut, länger anhaltend oder chronisch; Vorhersagbarkeit; Kontrollierbarkeit) unterschieden“ werden (Kohlmann et al., 2021, S. 21). 

Haha ok, Stressauslöser sind ganz klar die unzähligen Nachrichten. Wobei Tabea es manchmal auch mochte, diese tausenden Nachrichten, immer etwas neues Interessantes zu lesen, das Gefühl überall etwas mitzubekommen, auch wenn das keinerlei Einfluss auf ihre Arbeit hatte. Die Kommunikation über die chatkanäle hatte fast etwas von Belauschen der Kommunikation von anderen Teams. Manchmal konnte Tabea sogar aus der schriftlichen Kommunikation sich andeutende Konflikte erahnen.

 Zusätzlich seien aufgrund der Stresstheorie von Lazarus und Folkman auch subjektive Bewertungen zu berücksichtigen (Kohlmann et al., 2021, S. 21). „Das Spektrum an potenziellen Stressreaktionen erstreckt sich über Emotionen, soziale Beziehungen und Leistungsmerkmale bis hin zu gesundheitlichen Aspekten“ (Kohlmann et al., 2021, S. 21). 

Ja, die Emotionen wurden stärker in den letzten Monaten, Tabea fühlte sich dünnhäutiger und empfindlicher. Tabeas Leistung hatte auch definitiv nachgelassen, sie war teilweise so überdreht, dass sie mehrere Sachen gleichzeitig begann. Ihr fiel immer noch etwas ein, was noch wichtiger war, dann das, oder jenes, oder was auch immer. Dann waren 2 Stunden vergangen und sie hatte noch kein TODO wirklich abgeschlossen.

Tabea las noch einen Passus über das Stresserleben. 

Stresserleben

„Das Stresserleben ist (…) nicht unabhängig von den Bewertungs- und Bewältigungsmöglichkeiten eines Individuums zu bestimmen“ (Kohlmann et al., 2021, S. 17) und hat „gesundheitsschädliche Auswirkungen“ (Rusch, 2019, S. 56). Tabea kannte das Gefühl nur zu gut, ihre Gedanken waren je nach Situation ganz unterschiedlich, einmal positiv, ja mit Erfolg verknüpft, einmal negativ mit: mir ist alles zu viel, mich nervt die Welt, lasst mich doch alle in Ruhe. 

Ok, nun hatte sie ein bisschen was verstanden, aber was machte sie nun damit. Wirklich geholfen hatte Tabea das alles nicht. Sie wusste nun nur, dass sie unter Stress litt und dass sie einzigartige Stressoren hatte und dass sie durch ihre Gedanken und Bewertung einen Einfluss darauf nehmen konnte, ob sie den Stress negativ oder positiv empfand. 

Und jetzt?

War gesunde Selbstführung für sie der Ausweg? 

Die sechs Säulen der Selbstführung:

1. „Woher weiß ich, wer ich bin, bevor du mir sagst, wie ich wirke?“ (Ayan, 2018). Selbst und Fremdwahrnehmung sind oft nicht deckungsgleich. Selbsterkenntnis bedeutet das „Fremdbild und Selbstbild in Bezug auf Stärken, Schwächen und Eigenheiten miteinander abzugleichen. Das bedeutet sowohl Selbstwahrnehmung und Eigenreflexion als auch Rückmeldung von außen“ (Drath, 2019, S. 9) einzuholen und in die Reflexion einzubeziehen. In Tabeas Unternehmen war 360 Grad Feedback eingeführt worden, es war ungewöhnlich, Rückmeldungen von den Kolleginnen und Kollegen zu erhalten, und ja ein paar Überraschungen waren auch dabei gewesen. 

2. Selbstakzeptanz beschreibt die Kompetenz, die eignen Schwächen und Stärken zu kennen und so zu akzeptieren, dass „ein liebevolles Lächeln, mit dem man auf die eigenen Schwachstellen und Schrulligkeit schauen kann“ beinhaltet (Drath, 2019, S. 10). Keine Chance, ein liebevolles Lächeln den eigenen Schwächen gegenüber, das war für Tabea unmöglich. Sie fragte sich warum eigentlich. Bei anderen konnte sie sehr gut damit umgehen, im Gegenteil war es sogar so, das die Kolleginnen und Kollegen die keine Schwächen zeigten für sie uninteressant und glatt wirkten. Nicht wirklich Menschen, mit denen Tabea sich gerne austauschte. Warum war es also so, dass sie nach außen etwas verkörpern wollte, was sie bei anderen ablehnte? 

3. Selbstverantwortung „auch als Selbstwirksamkeit bezeichnet, beschreibt (…) die Einsicht, dass jeder Mensch auch bei Rückschlägen für seine eigenen Geschicke und daher auch für seine eigene Innenwelt zuständig ist“ (Drath, 2019, S. 10). „Selbstwirksamkeit bezieht sich auf den Glauben in die eigenen Fähigkeiten und Kontrolle“ bezüglich der eigenen Person und Interaktion und „vermindert sowohl das Stressempfinden als auch das Risiko an Burnout oder an einer Depression zu erkranken“ (Furtner, 2013, S. 122 f). Selbstwirksamkeit versus Fatalismus, manchmal würde Tabea gern alle Verantwortung abgeben. Aber ja, wenn sie darüber nachdachte, liebte sie natürlich ihre Freiheit und Gestaltungsmöglichkeiten.

4. Sebstfürsorge „bedeutet (…), die eigenen grundlegenden Bedürfnisse, wie z.B. nach Schlaf, Bewegung, Essen oder Ruhe, wahrzunehmen und sie nach Möglichkeit zu stillen“ (Drath, 2019, S. 10). Hmmm… wie sollte das im Alltag möglich sein? Tabea überlegte zumindest die Mittagspause regelmäßig zu blocken und in der Zeit Sport zu machen. Früher, also Tabea noch in einem anderen Unternehmen arbeitete, hatte sie das getan und geliebt. Sie würde es wieder einführen.

5. Selbstregulierung ist die Kompetenz mit „Symptome(n) wie Wut und Hilflosigkeit“ routiniert umzugehen und die „psychische Verarbeitung der Herausforderungen, die das Leben uns beschert, zu beschleunigen“ (Drath, 2019, S. 10). Das war bei ihr sehr Tagesform abhängig. Mal gelang es ihr ganz gut, mal nicht so gut. Tabea hatte eine Idee, womit das bei ihr zusammen hängt, und wollte das im Folgenden beobachten.

6. Selbstaktualisierung ist „(d)ie Erkenntnis, nicht einfach das Opfer unserer Emotionen zu sein, sondern eine Wahl und Einflussmöglichkeit zu haben“ (Drath, 2019, S. 11). Durch Selbstaktualisierung entsteht Selbstwirksamkeit. Das fiel ihr oft schwer, auch hier nahm sie sich vor, das zu beobachten, was die Faktoren waren, wann es ihr leicht fiel und wann wiederum nicht. 

Key Takeaways

    • Stress kann angenehm oder unangenehm empfunden werden
    • Es werden Anforderungen an das Individuum gestellt, die dessen Bewältigungsmöglichkeiten beanspruchen oder überfordern
    • Stresstheorien befassen sich mit den physiologischen, psychologischen und soziologischen Auswirkungen von Stress
    • Stress wird durch Stressoren ausgelöst, die sich individuell unterscheiden
    • Ob wir Stress empfinden, ist von subjektiven Bewertungen abhängig
    • Das Stresserleben ist abhängig von den Bewertungen und Bewältigungsmöglichkeiten des Individuums
    • Die 6 Säulen der Selbstführung beinhalten: Selbsterkenntnis, Selbstakzeptanz, Selbstverantwortung, Selbstfürsorge, Selbstregulierung und Selbstaktualisierung

Infografik

Die folgende Infografik enthält die 6 Säulen der Selbstführung mit Reflexionsfragen und Hinweisen, wie die Selbstführung aufgebaut werden kann:

Infografik download: Die 6 Säulen der Selbstführung

Referenzen

Ayan, S., (2018). Zehn Dinge, die Sie über sich wissen sollten. Gehirn&Geist. 4/2018. Abgerufen am 8.04.2021

https://www.zeit.de/wissen/2018-07/selbsterkenntnis-psychologie-forschung/komplettansicht?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

Drath, K., (2019). Die Kunst der Selbstführung. Haufe Taschen Guide. German Edition. Haufe. 2. Auflage 2019. Kindle-Version.

Furtner, M., Baldegger, U., (2013). Self-Leadership und Führung. Springer Fachmedien Wiesbaden.

Kohlmann, C., W., Eschenbeck, H., Jerusalem, M., Lohaus, A., (2021). Diagnostik von Stress und Stressbewältigung. Hogrefe.

Rusch, S., (2019). Stressmanagement. Ein Arbeitsbuch für die Aus-, Fort- und Weiterbildung. 2., Auflage. Springer-Verlag GmbH Deutschland

Selye H (1936) A Syndrome produced by Diverse Nocuous Agents. Nature 138(3479) S 32

Sprenger RK (2016). Die Entscheidung liegt bei dir!: Wege aus der alltäglichen Unzufriedenheit

Tolle E (2004) Jetzt! Die Kraft der Gegenwart, 11. Aufl. Kamphausen, Bielefeld

Wirtz, M., (2019). Dorsch. Lexikon der Psychologie. Stress. Abgerufen am 24.02.2021. https://dorsch.hogrefe.com/stichwort/stress (Stand: 2019).

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